Eine Million Digitalisate im virtuellen Lesesaal

Die Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) hat rund 15 Monate nach Freischaltung ihrer digitalen Sammlungen für die weltweite Nutzung im Internet mehr als eine Million digitalisierte Seiten in ihrem virtuellen Lesesaal. Überschritten wurde die Millionenmarke mit einer Abhandlung über den Eisenbahnverkehr aus dem Jahr 1832, die sich seit heute in der digitalen Sammlung für historische Bestände befindet.

Titelblatt-mitteilungen-eisenbahn-1832
© ULB

Der Jubiläumsband ist äußerlich nicht besonders spektakulär: Ein schmales Werk mit einem Dutzend Seiten in einem einfachem Bibliothekseinband. Auch das Titelblatt weist nicht auf einen Bestseller hin: „Mittheilungen über die Anlage einer Eisenbahn zur Verbindung des Rheines mit der Weser“, erschienen in Minden 1832. Doch das Erscheinungsjahr macht den aufmerksamen Leser stutzig: Eine Abhandlung über Eisenbahnen aus dem Jahre 1832, also drei Jahre, bevor in Deutschland die erste mit Lokomotiven betriebene Eisenbahn fuhr?

Tatsächlich wurde, nachdem 1825 die ersten dampfbetriebenen Eisenbahnen in England fuhren, die Bedeutung der neuen Technik in Westfalen schnell erkannt und umgesetzt. Das Heft zeugt vom Fortschrittsdenken jener Zeit: Es enthält detaillierte Angaben und Analysen zu Trassenführung, privaten und staatlichen Finanzierungsmöglichkeiten und zu möglichen Folgekosten und Nebenwirkungen – ein Lehrstück in Sachen Infrastrukturpolitik und heute eine wichtige Quelle für die Wirtschafts- und Technikgeschichte, die Geschichte der Finanzierung von Großprojekten. Außerdem spiegelt sie Frühformen der Diskussionen um eine „Staatsquote“ und den Netzbetrieb wieder – spannend wie am ersten Tag zu lesen und ein würdiger Jubiläumsband.

Im Oktober 2011 hatte die ULB das Portal „Digitale Sammlungen“ für die weltweite Online-Nutzung freigeschaltet. „Mit unserem Digitalisierungszentrum leisten wir einen wichtigen Beitrag zur Forschung“, erklärt Dr. Stephanie Klötgen, Leiterin der Abteilung Dienstleistungsmanagement der ULB und zuständig für die Digitalisierung. „Werke, die normalerweise nur unter Aufsicht von Fachleuten zugänglich sind, können einfach am Bildschirm durchgeblättert werden. Unsere historischen Bestände sind so leicht zugänglich wie nie zuvor.“ Im virtuellen Lesesaal der Bibliothek finden sich einige wertvolle historische Exemplare: Bücher, Zeitschriften, Karten, komplette Sammlungen und Nachlässe; der Schwerpunkt liegt dabei auf älterer Literatur und Sammlungen aus der Region Westfalen.

Die ULB hat in den vergangenen Jahren eine professionelle Digitalisierungsinfrastruktur aufgebaut und den Bestand des virtuellen Lesesaals laufend erweitert. Mittlerweile sind mehr als 6200 digitalisierte Dokumente weltweit online zugänglich und stehen jederzeit für die Forschung und für Interessierte direkt und kostenfrei zur Verfügung. Als kompetenter Ansprechpartner steht die ULB den Instituten und Einrichtungen der Universität Münster für das Thema Digitalisierung zur Verfügung und bietet Beratung, Unterstützung und Kooperation an.

Weitere Informationen:
http://sammlungen.ulb.uni-muenster.de/
http://www.ulb.uni-muenster.de/service/digitalisieren/