Alles andere als veraltet

Altkarten als historische Quelle ersten Ranges

Der Begriff „Altkarten“ verwundert zunächst: Was ist gemeint? Bei „Altkarten“ handelt es sich um Karten, die vor der Mitte des 19. Jahrhunderts gezeichnet oder gedruckt worden sind. Sie stellen eine wichtige Quelle für Historiker aller Fachrichtungen dar. Gleichzeitig sind sie oftmals auch unter ästhetischen Aspekten ansprechende Artefakte.

Es gibt nicht viele Bibliotheken, die über große Sammlungen von Altkarten verfügen. Zum einen galten derartige Materialien in den Bibliotheken nicht immer als sammelwürdig, zum anderen sind diese sperrig und schwierig handhabbar. Auch die ULB Münster besitzt, trotz reicher Tradition, aus eigenem Besitz nur relativ wenige Altkarten. Umso erfreulicher ist es, dass sie auf die umfangreiche Sammlung eines Privatgelehrten zurückgreifen kann, welche sie im Jahre 1967 erwerben konnte. Denn damals erhielt sie den Nachlass, die Bibliothek und die Kartensammlung des Freiherrn August von Haxthausen. Wer war dieser August von Haxthausen? Zunächst ist er als Onkel der westfälischen Dichterin Annette von Droste Hülshoff bekannt. Er war aber weit mehr: Er war Schriftsteller, vor allem zu Agrarfragen, zur Agrargesetzgebung, zum Verfassungs- und Provinzialrecht; Er war Märchen- und Volksliedersammler und Herausgeber von Märchen und Volksliedern; Er war Ökonom, Jurist und Landwirt; Er war Reisender, vor allem in Ostmitteleuropa, in Russland und im Kaukasus. Als solcher verfasste er auch eigene Werke, wie die „Studien über Russland“ oder „Transkaukasia“; Er war Berater, unter anderem Berater der russischen Zaren Nikolaus I. und Alexander II. Als solcher half er Letzterem bei der Bauernbefreiung in Russland im Jahre 1861.

Die Kartensammlung Haxthausen umfasst über 1.500 Karten, Zeichnungen und Atlanten. Sie war bislang durch einen gedruckten Katalog erschlossen. Im Zuge der Digitalisierung wurden die einzelnen Werke im ULB-Katalog erfasst und sind damit leicht und komfortabel recherchierbar. Die hochwertig erstellten Digitalisate, die auch Details auf den Karten bequem sichtbar machen, werden nunmehr für Wissenschaft und Forschung sowie für die interessierte Öffentlichkeit leicht zugänglich gemacht.

So sind diese in der ULB aufbewahrten Altkarten, teils spektakuläre Kupferstichwerke mit aufwändiger Kolorierung, teils unscheinbar daherkommende alltägliche Gebrauchsobjekte heute vor allem eins: Eine wichtige Quelle für die Siedlungsgeschichte, die politische Geschichte und die Wirtschaftsgeschichte, geben sie doch unmittelbar Zeugnis ab von den Geschehnissen vergangener Zeiten. Spannend wie am ersten Tag - jetzt auch bequem am Bildschirm zu lesen.

Karte Homann Persien 1720
Karte von Persien und dem südlichen Russland. Aus der berühmten, damals führenden Kartendruckerei Homann in Nürnberg. Ca. 1720. Prachtvoll ausgestatte Titelkartusche und Maßstabskartusche.
© ULB
Karte Tilsit 1800
Handkolorierte Karte der preußischen Stadt Tilsit. Ca. 1800
© ULB