Geschichte und Bestand

Kapuzinerbibliothek der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz

Ausstellung

Die Ausstellung "Frömmigkeit und Wissen - Rheinisch-Westfälische Kapuzinerbibliotheken vor der Säkularisation", wurde im Laufe der Jahre 2003 bis 2005 an vielen Orten in Westfalen, im Rheinland und in Niedersachsen gezeigt. Der lesenswerte Ausstellungskatalog kann über die ULB Münster erworben werden.

Den Vortrag zur Eröffnung der Wanderausstellung am 12. Juni 2003 in der Universitäts- und Landesbibliothek Münster hielt Prof. P. Dr. Leonhard Lehmann (Rom). Er stellt ihn hier freundlicherweise zur Verfügung.

Auf den Webseiten der Kapuziner finden Sie weitere Informationen zum Orden, zu seiner Spiritualität und zu den Bibliotheken des Ordens.

Kapuzinerbibliotheken der Rheinisch-Westfälischen Kapuzinerprovinz

Der Kapuzinerorden, als Teil der franziskanischen Ordensgemeinschaft, ist dem Armutsideal seines Gründers Franz von Assissi verpflichtet. Dies besagte: Wenige, aber nützliche Bücher und diese in Gemeinschaft. Bei aller Betonung der Armut und des Herzensgebetes waren Bücher dennoch nicht ausgeschlossen. An erster Stelle stand die Hl. Schrift, besonders die Evangelien, dann das Brevier, die Ordensregel mit dem Testament des hl. Franziskus und schließlich für solche, die sich nicht mit dem "Buch des Kreuzes zufrieden gaben, noch ein Gebetbüchlein" (Nr. 27). Von den Predigern wird gesagt, "sie sollen nicht viele Bücher mit sich tragen" (Nr. 121). In der Vorbereitung der Predigt sollen sie aber auf Bücher zurückgreifen können. Darum wird verodnet: "Da es immer die Absicht unseres Vaters Franziskus war, dass die Brüder die notwendigen Bücher gemeinsam und nicht privat hätten, um so besser die Armut zu beobachten und jede Anhänglichkeit an die Bücher von ihrem Herzen fern zu halten, soll es in jedem Konvent einen kleinen Raum geben, in dem die Hl. Schrift und Werke einiger heiliger Lehrer aufbewahrt werden. Unnütze Bücher aber, die den Menschen eher zum Heiden denn zum Christen machen, sollen in unseren Konventen nicht aufgehoben werden" (Nr. 121). Die Konstitutionen von 1536 kennen das Wort "Bibliothek" noch nicht; sie sprechen lieber von einem kleinen Gemeinschaftsraum für Bücher. Damit setzen sie sich von dem zum Teil sehr großen und reich bestückten Bibliotheken ab, wie sie sich bei den geistigen Vorläufern (Konventualen und Observanten) entwickelt hatten. Auch die Vorschrift, keine Bücher privat zu besitzen, will der Liebhaberei vorbeugen, mit der einige Minderbrüder schöne und teure Bücher gesammelt hatten. Die notwendige Einrichtung von Studienhäusern in jeder Provinz zur Ausbildung von Predigern bringt es dann mit sich, dass auch im Kapuzinerorden größere Bibliotheken entstehen. Sie wachsen mit dem Ansehen und Einfluss des Ordens, da kirchliche und weltliche Herrschaften ihnen Bücher schenken oder vererben. Ein Jahrhundert nach Entstehen der Kapuzinerreform gehört zu jedem Kapuzinerkloster eine mehr oder weniger große Bibliothek. Trotz Vorbehalt gegenüber dem Studium hatte sich das alte Sprichwort durchgesetzt: "Claustrum sine armario quasi castrum sine armamentario - ein Kloster ohne Bücherschrank ist wie ein Lager ohne Arsenale."

Leonhard Lehmann

Literatur

  • Bonaventura (Dickers) von Mehr: Das Predigtwesen in der Kölnischen und Rheinischen Kapuzinerprovinz im 17. und 18. Jahrhundert (Bibliotheca Seraphico-Capuccina, Bd. 6), Rom 1945.
  • Fischer, Rainald: Die Gründung der Schweizer Kapuzinerprovinz 1581-1589, Freiburg 1955.
  • Hümmerich, Walter: Anfänge des kapuzinischen Klosterbaues. Untersuchungen zur Kapuzinerarchitektur in den rheinischen Ordensprovinzen (Rhenania Franciscana Antiqua, Bd. 3; Quellen und Abhandlungen zur Mittelrheinischen Kirchengeschichte, Bd. 58), Mainz 1987.
  • Le Prime Costituzioni dei Frati Minori Cappuccini: Roma - S. Eufemia 1536, hrsg. von Costanzo Cargnoni. Roma 1982.
  • Lehmann, Leonhard: Durch Bücher zum Beten bewegen. Zum 350. Geburtstag des Volksschriftstellers Martin von Cochem. In: Wissenschaft und Weisheit 48 (1985) 196-226.
  • Lehmann, Leonhard: Franziskaner (Konventualen, Kapuziner) und Klarissen. In: Kulturgeschichte des christlichen Orden, hrsg. von Peter Dinzelbacher und James Lester Hogg. Stuttgart 1997, 143-192.
  • Lehmann, Leonhard: Martin von Cochem (1634-1712). Was ist das Gebet? In: Franziskanische Stimmen, hrsg. von Paul Zahner. Kevelaer 2002, 119-125.
  • Linden, Raymund: Vorlesungen zur Geschichte der Rheinisch-Westfälischen Ordensprovinz der Minderbrüder Kapuziner 1611-1893. o.O., o. J. [Koblenz-Ehrenbreitstein um 1960].
  • Nachdenken über 400 Jahre Schweizer Kapuzinerprovinz, hrsg. von Anton Rotzetter. Luzern 1981.
  • Schmucki, Oktavian: Kapuziner. In: Lexikon für Theologie und Kirche, Bd. V. Freiburg 1996, 1220-26.
  • Sulle Orme Dei Santi: Il santorale cappuccino: Santi, Beati, Venerabili, Servi die Dio, hrsg. von Costanzo Cargnoni. Roma 2000.