033 ALMANACH IMPÉRIAL:
Pour L’An ... Présenté A Sa Majesté L’Empereur, Par Testu. - Paris : Testu. Erschienen: An XIII [1804/05] ; 1806 - 1847. – Teilw. u.d.T.: Almanach royal, Almanach royal et national. – Forts. von: Almanach national de France. – Forts. u.d.T. : Almanach national.
Provenienz: Delaunay (Buchhändler in Paris)
1808
Signatur: 1989


Die etymologische Herkunft des Wortes »Almanach« ist nicht vollständig geklärt. Mit dem ibero-arabischen Begriff »al-manah« wurden ursprünglich kalenderähnliche astronomische Tafeln bezeichnet. Möglicherweise liegt ihm das syrische »l-manhaï« (1) oder das arabische »al-minah« (2) zugrunde. Die weitere Wortgeschichte führte über mittellateinisch »almanachus« und niederländisch »almanag« bzw. »almanak« bis zum deutschen »Almanach« (3). Erste Drucke entstanden seit ca. 1460, zunächst in Wien bei dem Astronomen Georg von Peurbach und in Nürnberg bei Regiomontanus. Seit dem 16. Jahrhundert wurde neben den obligatorischen Informationen zur Zeitrechnung und Astronomie auch vielerlei anderes Wissenswerte und Unterhaltsame in die Almanache aufgenommen, z. B. Anekdoten und Hofberichte, aber auch amtliche Mitteilungen, fürstliche Genealogien oder medizinische Ratschläge. Die weitere Entwicklung führte bis zum 19. Jahrhundert zu Spezial-Almanachen für bestimmte Fachgebiete – z. B. Berufe oder geographische Regionen, Geschichte, Reise, Mode und Kultur. Zur letzten Gruppe zählen vor allem die literarischen »Musenalmanache« – periodisch erscheinende, kleinformatige und häufig illustrierte Sammlungen zeitgenössischer Dichtung. Auch ihnen war bisweilen noch ein Kalendarium mit astronomischen, meteorologischen oder ökonomischen (4) Daten beigefügt.


Dagegen hatte der in Paris erschienene »Almanach Royal« bzw. »Almanach Impérial« die Funktion eines statistischen Jahrbuchs für die französische Nation. Er enthielt u. a. alle wichtigen Informationen zu europäischen Fürstenhöfen und diplomatischen Vertretungen, zu Ordens- und Religionsgemeinschaften, Gesundheitswesen, Militär, Justiz, Wirtschaft und Finanzen, aber auch zu Kultur und Bildungswesen. Ergänzt wurde diese Faktensammlung durch verschiedene Kalender, Reiseinformationen, tabellarische Übersichten zur Bevölkerungsentwicklung und Hinweise zur Umrechnung von Maßen, Gewichten und Währungen.


Ein interessantes Detail auf dem Titelblatt des »Almanach Impérial« für das Jahr 1808 ist die Vignette mit der Darstellung des französischen Kaiserwappens. (5) An zahlreichen Einzelheiten dieses Wappens läßt sich Napoleons Bestreben erkennen, die fehlende historische Legitimation seines Kaisertums durch den Rückgriff auf alte und z. T. uralte Symboltraditionen auszugleichen. So erinnert der Jupiter-Adler mit dem Blitzbündel in den Fängen an die römischen Legionszeichen. Die kleinen Bienen, mit denen die Außenseite des hermelingefütterten Wappenmantels bestickt ist, entstammen dagegen der merowingischen Herrscherikonographie. Und die hinter dem Schild gekreuzten Langzepter (6) gehen auf die Insignien der fränkisch-karolingischen Herrscher zurück. Dabei handelt es sich bei dem Stab mit der aufgesetzten Schwurhand um die sog. »Main de justice«. Ursprünglich das Zeichen der Gerichts- und Befehlsgewalt römischer Feldherren, war dieser Stab von den Karolingern als Herrschaftszeichen übernommen und seit dem 13. Jahrhundert von den französischen Königen als Insignie der Gerichtsbarkeit geführt worden. Die um den Wappenschild gelegte Kette mit angehängtem Ordenskreuz schließlich steht für die im Jahr 1802 auf Initiative Napoleons gegründete Ehrenlegion und zeigt, daß der Parvenü auf dem Kaiserthron durch die Stiftung einer eigenen Ordensgemeinschaft auch an die Tradition fürstlicher Hausorden und mittelalterlicher Ordensritter anknüpfen wollte.

Die Blütezeit des Almanachs endete nach 1850 mit dem Aufkommen der illustrierten Zeitungen. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts tauchte mit dem Verlags-Almanach allerdings noch einmal ein neuer Typus auf, in dem z. B. mit Leseproben für die Neuerscheinungen der Saison geworben wird.
V.D.

(1) »im nächsten Jahr«.
(2) »das Geschenkte«, »Neujahrsgeschenk«.
(3) Vgl. auch franz. »almanach«, ital. »almanacco« und engl. »almanac«.
(4) z. B. Termine von Messen und Märkten.
(5) Die Formel »Présenté A S. M. L’Empereur Et Roi« des Titels erinnert daran, daß Napoleon I. seit 1805 nicht nur Kaiser der Franzosen, sondern auch König von Italien war.
(6) Lat. »baculum«.