043 LES AGREMENS DE LA CAMPAGNE:
ou remarques particulieres sur la construction des maisons de campagne plus ou moins magnifiques ; des jardins de plaisance, & des plantages, avec les ornemens qui en dependent. – Paris : David.
Vorlageform des Erscheinungsvermerks: Chez David le jeune ...
Bd. 3 [1752]
Signatur: 51


Zitrusgewächse bilden botanisch eine Gattung der Rautengewächse mit ca. 60 Arten, die ursprünglich in Südost- und Südasien heimisch waren. Die wichtigsten Kulturformen der immergrünen, mit Sproßdornen bewehrten Bäume sind Orange und Zitrone – hier abgebildet in einer französischen Abhandlung über Gartenbau aus dem Jahr 1752. Aufgeschnitten zeigen die dickschaligen Früchte die charakteristischen, durch Stege getrennten Fruchtfächer.
Die Kultur des Zitronenbaums (botan. Citrus lemon) gelangte bis zum 8. Jahrhundert n. Chr. über China, Japan und Indien zunächst nach Persien. Später verbreiteten die Araber die Zitronenpflanzungen im Mittelmeerraum. Im Gefolge der Kreuzzüge wurde die Zitrone im Hochmittelalter auch nördlich der Alpen bekannt. Genutzt wurde sie zunächst vor allem pharmazeutisch zur Behandlung von Vergiftungen und Pestilenz. 1747 entdeckte der britische Schiffsarzt Lind die Wirksamkeit der Zitrone bei der Vorbeugung und Therapie der Mangelerkrankung Skorbut.
Der Orangenbaum stammt, wie die deutschen Bezeichnungen »Apfelsine« oder »Chinaapfel« und der botanische Name »Citrus sinensis« unterstreichen, ursprünglich aus China. Der italienische Name »portogallo« erinnert daran, daß die Früchte zunächst über die portugiesischen Handelsrouten nach Europa gelangten. In der botanischen Fachliteratur wurde die Orange zuerst im 16. Jahrhundert im Kräuterbuch des M. Lobelius erwähnt. Eine frühe bildliche Darstellung findet sich im 17. Jahrhundert in einem Stilleben des Niederländers J. van Streeck.
Mit der Einführung der Orangen- und Zitronenzucht in Mitteleuropa entstand im 16. Jahrhundert ein spezieller Gebäudetyp zum Überwintern der frostempfindlichen Pflanzen – die Orangerie. Aus schlichten, nach der winterlichen Nutzung im Frühjahr demontierbaren Konstruktionen entwickelten sich bis zum 18. Jahrhundert aufwendige Repräsentationsbauten. Die beheizbare, von zahlreichen Fenstertüren erhellte Orangerie bildete im Barock und Rokoko ein wesentliches architektonisches Element der Fürstenresidenz. Die Gestaltung von Schloß und Garten hatte im Zeitalter des Absolutismus allerdings nicht nur eine ästhetische Qualität. Sie war zugleich Abbild der von der Residenz als Zentrum weit in das Umland ausstrahlenden Herrschaft des Souveräns. Die Begeisterung des Ancien Régime für die Zucht der Zitronen- und Orangenbäumchen hatte dabei vermutlich eine doppelte Motivation: Zunächst war sie Teil der fürstlichen Repräsentation. Denn mit der kostspieligen Zucht exotischer Pflanzen konnte der Adel Reichtum, Prestige und verfeinerten Lebensstil demonstrieren. Zugleich ließ sich mit den im fürstlichen Garten gezogenen Zitruspflanzen – im amüsanten Spiel mit der Kenntnis antiker Mythen – auch der Anspruch auf die Fortdauer der eigenen Dynastie und der Ewigkeitsanspruch der Adelsherrschaft insgesamt unterstreichen. Die Zitrusfrüchte wurden nämlich mit den goldenen Äpfeln der Unsterblichkeit identifiziert, die Herakles nach der Sage einst im Auftrag des Eurystheus aus dem Garten der Hesperiden geraubt hatte. (1)
V.D.


(1) Eine »persischer« oder »medischer« Apfel genannte Zitrusfrucht soll bereits in der Antike gelegentlich mit den goldenen Hesperidenäpfeln identifiziert worden sein. (Iuba bei Athen. III 83b. Mart. XIII 37. Anonym. De citro bei Bährens Poet. Lat. min. IV 349 = Riese I 169. Corp. gloss. lat. II 315, 24. III 26, 22. 358, 75. 442, 9. 562, 69.)