Meister der Einbandkunst: Archiv

Seit dem Beginn der sechziger Jahre stellte man im MDE immer wieder Überlegungen an, ein Archiv zu gründen, das sowohl das eigentliche Aktenmaterial der Vereinigung, als auch Briefwechsel, Fotos, Fachbücher und künstlerische Handeinbände aufnehmen sollte. Doch war von vornherein klar, dass aus finanziellen und personellen Gründen eine selbständige Einrichtung nicht in Frage kam, sondern nur die Übernahme der MDE-Bestände als Depositum durch eine andere leistungsfähige Institution - sei es ein Museum, ein Archiv oder eine Bibliothek. Das sehr heterogene Material, das ein MDE-Archiv einmal sammeln sollte, vor allem aber die Anforderungen an die Benutzung schränkten jedoch den Kreis möglicher Interessenten ein: Archive und Museen pflegen auch ihre Buchbestände im Regelfall als Präsenzbibliotheken zu behandeln, der MDE legte aber mit Recht Wert darauf, dass die Benutzung seiner Fachbücher über den auswärtigen Leihverkehr gewährleistet sein müßte. Damit blieben nur die Bibliotheken als mögliche Aufbewahrungsstätten für das Archiv.

Dass die Universitäts- und Landesbibliothek in Münster als Aufbewahrungsort des Archivmaterials gewählt wurde, lag vorrangig an der Bereitschaft des damaligen Leiters der Bibliothek, Professor Liebers, sich auf die Bedingungen und Wünsche des MDE einzulassen. Der Vertrag spricht genau die Archiv- und die Ausleihfunktionen an, die die Bibliothek zu leisten hat.

Die Entscheidung für Münster fiel im MDE-Vorstand Ende Oktober 1975. Das Besondere war, dass zunächst ein Archiv ohne Bestand gegründet wurde, am ehesten noch einem Konto zu vergleichen, das ohne nennenswerte Einzahlung eröffnet wird. Die vertragliche Installation eines MDE-Archivs an der Universitätsbibliothek Münster war also anfangs nicht mehr als ein rechtlicher Rahmen für den Eingang von Sammlungsmaterial.

Zwar war schon ein solider Fundus vorhanden bei dem sicherlich wichtigsten "Paten" des gerade aus der Taufe gehobenen Archivs: Gustav Moeßner (1903-1993). Nach der Vertreibung aus Schlesien lebte er Jahrzehnte lang als Buchbindermeister in Weilheim / Teck. Von 1947 – 1979 war er Schriftleiter des "Allgemeinen Anzeigers für Buchbindereien". 1951 war er maßgeblich an der Neugründung des MDE beteiligt, lange Jahre Schriftführer des Vereins und seit 1970 Ehrenmitglied im MDE. Immer wieder hatte er auf Jahresversammlungen des MDE darauf hingewiesen, dass man ein Archiv mit einer gut ausgebauten Fachbuchsammlung brauche. Und was noch wichtiger war: Moeßner hatte das schon vorliegende Aktenmaterial von den Jahresversammlungen usw. sowie die wenigen Bücher im MDE-Besitz gesammelt und vorgeordnet und war überdies bereit, einen großen Teil seiner eigenen Fachbücher und künstlerischen Handeinbände, darunter auch sehr gute Arbeiten anderer Meister, als Grundstock des Archivs zu stiften. Bis in sein hohes Alter ist er als Spender und Mentor eine wesentliche Stütze des Archivs geblieben. Er war auch maßgeblich an den Formulierungen des Vertrages zwischen dem MDE und der Bibliothek beteiligt.

Der Vertrag unterscheidet drei Gruppen von Archivmaterial:

  • Hand- und maschinenschriftliches Material, Photos, Prospekte usw.
  • Fachliteratur
  • Bücher mit künstlerischen Handeinbänden.