Neu erschienen: Historische Noten aus dem 18 Jahrhundert

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Burkard Rosenberger von der ULB Münster (r.) und Irina Templin vom agenda-Verlag (l.) präsentierten eine Neuedition heute weithin unbekannter Violinsonaten, die im 18. Jh. gern gespielt wurden.

Die Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) stellte am Freitag, den 23. August 2013, eine in Zusammenarbeit mit dem agenda-Verlag entstandene Faksimile-Ausgabe einer besonderen Notensammlung aus dem Jahr 1707 vor. Darin zusammengefasst sind 16 Violinsonaten von Johann Christoph Pepusch (1667-1752) - neben Georg Friedrich Händel einer der bedeutendsten deutschen Musiker im London der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Die Edition ist beim agenda-Verlag in der Reihe "Denkmäler Westfälischer Musik" erschienen. Anlass zur Veröffentlichung gab eine Reihe außergewöhnlicher Konzertveranstaltungen der ULB, die dort seit Anfang 2012 etwa einmal pro Semester unter dem Titel "Papier.Klänge – Musikalische Kostbarkeiten aus westfälischen Sammlungen" stattfinden.

Das Original, das als Vorlage für die Edition diente, ist Teil der Fürstlich zu Bentheim-Tecklenburgischen Musikbibliothek Rheda, die heute als Dauerleihgabe zum Bestand der ULB gehört, und wurde mutmaßlich vom Reichsgrafen Moritz Casimir I. selbst während seines Jurastudiums in Utrecht 1718 erworben.

"Man sieht den alten Notenblättern an, dass sie häufig gebraucht wurden", stellt Burkard Rosenberger, Fachreferent für Musik in der ULB, fest. Die Musik von Pepusch muss am Hof des Reichsgrafen sehr beliebt gewesen sein. Für Rosenberger ist dies nicht verwunderlich, denn trotz einer abwechslungsreichen Kompositionsweise und dem hohem musikalischem Ausdruck kann das technische Niveau der Sonaten für die musikalisch versierten Laien unter den Adeligen von damals als angemessen anspruchsvoll gelten.

Besondere Aufmerksamkeit verdient Pepuschs Sonaten aber auch noch aus einem anderen Grund: In den einzelnen Sätzen der 16 Sonaten werden fast alle Tonarten des Quintenzirkels verwendet. Diese Art der Komposition erforderte eine damals ganz neuartige Stimmung der begleitenden Tasteninstrumente. "Pepusch gehörte damit zur Avantgarde der Musikwissenschaft", so Rosenberger. Immerhin wurde die theoretische Grundlage dazu erst zwanzig Jahre zuvor von Andreas Werckmeister gelegt. Pepuschs Opus 2 dürfte damit lange vor Bachs erstem Teil des "Wohltemperierten Claviers" von 1722 zu einer der ersten gedruckten Kompositionssammlungen überhaupt gehören, die von dieser Neuerung Gebrauch machte.
"Die Edition passt hervorragend in unsere Schriftenreihe zu den Denkmälern Westfälischer Musik", freut sich Irina Templin vom agenda-Verlag und hat dabei als Interessenten vor allem praktizierende Musiker auf gehobenem Niveau im Blick. Die Faksimile-Ausgabe der Pepusch-Sonaten basiert auf einem hochwertigen Druck aus dem Verlagshaus Estienne Roger. Ein sehr gut lesbares Druckbild gepaart mit einer extrem niedrigen Fehlerquote sind die Markenzeichen aller Roger-Drucke. So sind die Werke in der vorliegenden Präsentation auch für heutige Musiker problemlos zu lesen und zu spielen, wenn man sich mit einigen wenigen Eigenheiten des 17./18. Jahrhunderts vertraut gemacht hat. Templin ist aber sicher, dass nicht nur Spezialisten an dieser Edition Gefallen finden werden.

ULB und agenda-Verlag sehen bereits weitere Möglichkeiten der Zusammenarbeit. Die als "Gratis-After-Work-Veranstaltung" angelegten Konzerte der "Papier.Klänge"-Reihe waren bislang alle überaus gut besucht und werden fortgesetzt. Gespielt werden dabei ausschließlich Werke aus dem Bestand der von Burkard Rosenberger betreuten Musiksammlung der ULB. Von ihm stammt auch die Idee, die alten Musikalien aus der Bibliothek regelmäßig wieder zum Klingen zu bringen. Ebenfalls unter dem Namen „Papier.Klänge“ erschien im Herbst 2011 in Kooperation mit dem Sinfonieorchester Münster eine CD mit professionellen Aufnahmen ausgewählter Stücke von Johann Friedrich Klöffler, Christoph Willibald Gluck und Carl Heinrich Graun. "Damit fing alles an", so Rosenberger.

Zusammen mit dem Ensemble "con moto" sorgt übrigens der passionierte Geiger Rosenberger bei der Konzertreihe selbst mit für den richtigen Klang; das nächste Mal am 14. November 2013 um 18.00 Uhr in der Galerie der ULB am Krummen Timpen.

Pepusch, Johann Christoph: 16 Sonaten für Violine und Basso continuo op. 2. Faksimile-Ausgabe / hrsg. von Burkard Rosenberger und Harald Schäfer. – Münster : agenda-Verl., 2013. – ISBN 978-3-89688-502-9 : EUR 25.00. – (Denkmäler Westfälischer Musik; 5)

Weitere Informationen:

www.ulb.uni-muenster.de/sammlungen/musik/
Musiksammlung der Universitäts- und Landesbibliothek

www.agenda.de
Agenda-Verlag Münster