Bestandserhaltung

Die Bedeutung der Konservierung, manchmal auch als "passive Konservierung" in bewusstem Gegensatz zu "Restaurierung" gebraucht, im angloamerikanischen Bereich als "preservation and conservation" benannt, hat in den letzten Jahren sehr viel stärker Beachtung gefunden. Dies ist sicherlich auch, aber nicht ausschließlich, unter dem Finanzierungsvorbehalt zu sehen, so dass angesichts knapper Kassen Vollrestaurierungen immer seltener werden. Gerade auch die Problematisierung von Vollrestaurierungen mit zum Teil erheblichen Eingriffen in die Originalsubstanz von Büchern (man denke nur an die Kritik von Buchhistorikern wie Szirmai oder Pickwood) lässt vorsichtige und sparsame Altbestandsbibliothekare zu den genannten Alternativen "preservation and conservation" greifen.

Definitionen

"Preservation"
Alle prophylaktischen Maßnahmen zum Schutz der Bücher, um Schädigungen zu vermeiden.
"Conservation"
Alle Maßnahmen zur Reduzierung des Verfallsfortschreitens bereits geschädigter Objekte.
"Notfallvorsorge"
Alle Maßnahmen zur Verhinderung eines Notfalls und alle Sicherungsmaßnahmen bei bzw. nach Eintreten des Notfalls.

Allgemeine Rahmenbedingungen zur Konservierung

  • Emissionsschutz / Staubschutz: Optimal ist ein geschlossener Kreislauf (Klimaanlage und Filter). Vorraussetzung hierbei ist natürlich, dass diese störungsfrei arbeitet.
  • Kontrolle der Luftfeuchtigkeit und der Temperatur. Eine RLF von 45 bis 55% ist anzustreben. Es sollten keine extremen Temperatur- und Witterungsschwankungen entstehen, gleichbleibende Klimabedingungen sind anzustreben (ideal: Temperatur von 16 bis 18° C (in jedem Fall <20°). Eine regelmäßige Kontrolle durch Aufstellen eines Thermohygrometers bzw. Thermohygrographen empfiehlt sich, ebenso eine regelmäßige Wartung und Nacheichung desselben.
  • Wichtig ist auch eine stetige Luftzirkulation. Bücher sollten nicht in der Nähe von Heizungen oder anderen Wärmequellen gelagert werden.
  • Lichtverhältnisse: Vermieden werden sollte direkte Sonneneinstrahlung.
  • Regelmäßige Belüftung beugt Staunässe und Schimmelbefall vor.

Lagerbedingungen von Büchern

  • Vorsichtige Handhabung im Magazin
  • Schulung der Magazinmitarbeiter und der Mitarbeiter der Benutzungsbereiche
  • Vorsichtige Handhabung bei Ausstellungen (Restaurator beim Auf- und Abbau von Ausstellungen hinzuziehen!)
  • Vorsichtige Handhabung in den Benutzungsbereichen (regelmäßige Mitarbeiterschulung)
  • Anfertigen von Schutzbehältnissen für gefährdete und / oder beschädigte Werke. Diese Schutzbehältnisse können Schuber, Schlagkassetten oder auch Buchschuhe sein. Sie müssen aus alterungsbeständigem Material bestehen.
  • Einrichtung eines separierten Rara-Bestands mit Kennzeichnung der Rara.
  • Sicheren Schutz gegen chemische Einflüsse der Umwelt wird man wohl nicht ganz erreichen können. Wichtig: Keine Xerox-Geräte im Magazin, in welchem ältere, wertvolle Bücher lagern, da die Xerox-Geräte durch das Freisetzen hoher Oxydationswerte schädigend auf Papier, Pergament und Leder wirken.
  • Extreme Trockenheit kann sich ergeben, wenn Bücher längere Zeit in Tresoren oder Metallschränken gelagert werden, ohne dass diese regelmäßig zur Belüftung geöffnet werden. Überhaupt wirkt sich regelmäßige Luftbewegung auf den Erhaltungszustand von Büchern positiv aus und verhindert insbesondere den Schimmelbefall. Hohe Temperatur, hohe Luftfeuchtigkeit und geringe Lüftung dagegen fördern den Befall mit Pilzen.
  • Regelmäßige Buchpflege und Magazinreinigung, doch bitte kein unkontrolliertes Einfetten im großen Stil.

Verzeichnung und Benutzung

  • Benutzung der separierten wertvollen Buchbestände erfolgt nur unter Aufsicht im Lesesaal oder Handschriftenlesesaal.
  • Überprüfung der Bände hinsichtlich der Zahl der vorhandenen Stiche, Tafeln, Faltpläne usw. Kollationieren bei Ausgabe und Wiederentgegennahme (gilt für Rara)
  • Schonende Präsentation im Lesesaal / Handschriftenlesesaal und bei Ausstellungen
  • Einschränken der Fernleihe stellt ebenfalls einen Bestandsschutz dar. Hier müssen die Regelungen in Deutschland noch vereinheitlicht werden. Das Anfertigen von Mikrofilmen kann die Originale entlasten.
  • Sachgerechte Verpackung bei Transporten
  • Rara sind im Katalog zu verzeichnen und als solche zu kennzeichnen
  • Kennzeichnungen und Eintragungen zur Identifizierung eines wertvollen Werkes sollten nur mit Bleistift vorgenommen und der juristisch notwendige Besitzvermerk mit einem kleinen Stempel dezent an geeigneter Stelle (meist auf der Rückseite des Titelblatts, bei handschriftlichen Materialien auf jedem losen Blatt, bei illustrierten Werken auf der Rückseite jedes Stichs oder Schnittes) angebracht werden.
  • Der Benutzer soll mit den ihm ausgegebenen Bänden schonend umgehen: kein Gebrauch von Tinten- oder Kugelschreiber, nur Bleistift; kein Schreiben in und auf den Bänden; keine Anfertigung von Pausen aus den Bänden; kein gewaltsames Aufbiegen eng gehefteter Bände; kein Einlegen von Gegenständen in die Bände.
  • Keine Anfertigung von Direktkopien durch den Benutzer. Mikrofilmaufnahmen können buchschonend durch eigens hierfür benannte Firmen und Fotostellen erfolgen.
  • Generelle Regeln gibt es nicht: Bei Bänden mit brüchigem Papier (z.B. Zeitungen) ist Vorsicht auch aus der Zeit nach 1850 angeraten. Die Entscheidung ist immer individuell vom Zustand des jeweiligen Objekts abhängig zu machen.

Notfallvorsorge

Die Notfallvorsorge ("Katastrophenplan") wird gesondert behandelt.
Einige Grundregeln:

  • Keine Wasserleitungen in Rara-Magazinen
  • Brandursachen unterbinden
  • Schulung von Mitarbeitern in regelmäßigen Abständen
  • Plan für Notfallvorsorge bereithalten, regelmäßig aktualisieren