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WDR ZeitZeichen zur Unabhängigkeitserklärung der Ukraine

Logo WDR bei Wikimedia Commons„Zum zweit­en Mal in ihrer Geschichte proklamiert die Ukraine ihre Unab­hängigkeit. 1919, nach dem Ersten Weltkrieg, hat­te Lenin alle Hoff­nun­gen auf Sou­veränität been­det und das Land in die Union der Sow­je­tre­pub­liken gezwun­gen. Nach dem Zusam­men­bruch der UdSSR 1991 geht die Ukraine auf West­kurs, den Rus­s­lands Präsi­dent Putin mit der Annex­ion der Krim tor­pediert.
Im Urlaub auf der Krim an der ukrainis­chen Schwarzmeerküste wird Michail Gor­batschow von der Geschichte über­rollt.
Von Putschis­ten unter Hausar­rest gestellt, muss der sow­jetis­che Staatschef ohn­mächtig zuse­hen, wie altkom­mu­nis­tis­che Kad­er die Macht in der UdSSR an sich reißen wollen. Und wie Rus­s­land desig­niert­er Präsi­dent Boris Jelzin, unter­stützt von Mil­lio­nen demon­stri­eren­den Men­schen, den Putschver­such nach drei Tagen am 21. August 1991 zu Fall bringt.
Es ist Gor­batschows poli­tis­ch­er Tod und das Ende der Sow­je­tu­nion. Über die Zukun­ft des zer­fal­l­en­den Wel­tre­ichs bes­timmt nun Boris Jelzin. Rus­s­land wird ein eigen­er Staat; Est­land, Let­t­land und Litauen fol­gen umge­hend und wer­den sofort inter­na­tion­al anerkan­nt. Am 24. August 1991 erk­lärt auch das Par­la­ment in Kiew die Ukraine zu einem unab­hängi­gen und demokratis­chen Staat.

Ukraine – das Armen­haus der UdSSR
In einem Ref­er­en­dum stim­men 90 Prozent der Ukrain­er dem Beschluss zu; viele feiern die Unab­hängigkeit eupho­risch: „Wir haben davon geträumt, ein mod­ernes, ein europäis­ches Land aufzubauen“, sagt Vitali Klitschko, damals noch Box­er und später Bürg­er­meis­ter von Kiew. Andere wie der Geschichtswis­senschaftler Dmytro Myeshkov bleiben skep­tisch: „Als His­torik­er wussten wir sehr gut, wie kur­zlebig Peri­o­den der Lib­er­al­isierung sein kön­nen.“
Der erste Schritt der Ukraine in die Unab­hängigkeit endet 1919 schnell: Lenin durchkreuzt alle Hoff­nun­gen auf Sou­veränität und macht das Land zur Teil­re­pub­lik der Sow­je­tu­nion. Unter Stal­in wird es zur Kornkam­mer der Kom­mu­nis­ten. Während die UdSSR Mil­lio­nen Ton­nen Getrei­de exportiert, herrscht in der Ukraine bit­ter­stes Elend. His­torik­er gehen davon aus, dass in der Stal­in-Ära bis sieben Mil­lio­nen Ukrain­er ver­hungern.

Das Volk gegen die Macht der Oli­garchen
Nach dem Zweit­en Weltkrieg entwick­elt sich die Ukraine zu einem Zen­trum sow­jetis­ch­er Schw­er- und Rüs­tungsin­dus­trie — bis das Land 1986 von der Reak­tor-Explo­sion in Tsch­er­nobyl erschüt­tert wird. Wie viele sein­er Land­sleute erlebt auch Dmytro Myeshkov die Katas­tro­phe als Zäsur: „Sie hat so deut­lich wie wohl kein anderes Ereig­nis gezeigt, wie anfäl­lig und fast schon leben­sun­fähig sich das sow­jetis­che Sys­tem ent­pup­pt hat.“
Armut bleibt auch nach der Unab­hängigkeit 1991 das drän­gend­ste Prob­lem der Ukraine. Während die meis­ten Men­schen nur das Nötig­ste zum Leben haben, beutet eine kleine Ober­schicht den Staat aus. Oli­garchen bes­tim­men über die Rohstoffe und Indus­triekom­plexe, über die Medi­en und sog­ar über die Jus­tiz.
2004 kommt es zur „Orangenen Rev­o­lu­tion“: Hun­dert­tausende protestieren auf dem Maid­an, Kiews zen­tralem Platz, gegen eine manip­ulierte Wahl der „Oli­garchen-Mar­i­onette“ Vik­tor Janukow­itsch zum Präsi­den­ten. Die vom höch­sten Gericht der Ukraine ange­ord­nete Neuwahl gewin­nt Vik­tor Juschtschenko, der während des Wahlkampfs mit Diox­in vergiftet wor­den war.

Putin würgt die West­in­te­gra­tion ab
Allerd­ings ent­täuscht auch der Volk­sheld Juschtschenko die in ihn geset­zten Hoff­nun­gen; die Wahl 2009 gewin­nt sein Wider­sach­er Janukow­itsch. Ein Abkom­men mit der EU, das vor allem die junge, wes­teu­ropäisch ori­en­tierte Jugend unter­stützt, scheit­ert an immer unver­hüll­teren Dro­hun­gen aus Moskau. „Die Ukraine ist Teil unser­er großen rus­sis­chen und rus­sisch-ukrainis­chen Welt“, macht Rus­s­lands Präsi­dent Putin unmissver­ständlich klar.
Von Novem­ber 2013 an gehen in Kiew wieder hun­dert­tausende Men­schen auf die Straße, um gegen den erzwun­genen prorus­sis­chen Kurs zu demon­stri­eren; der „Euro­maid­an“ entste­ht. Im Feb­ru­ar 2014 eskaliert die Lage. Die Regierung lässt auf die Menge schießen, es gibt Tote, aber der Wider­stand bleibt unge­brochen. Als Rus­s­land im März die Krim annek­tiert, kommt es in der Ostukraine zu kriegerischen Auseinan­der­set­zun­gen, die bis in die Gegen­wart anhal­ten.“

(WDR, Irene Dänz­er-Van­ot­ti, Ronald Feisel)

Sie kön­nen die Sendung, die am 24.8.2021 in der Rei­he „ZeitZe­ichen“ lief, über die Seite des WDR nach­hören oder als Audio­datei herun­ter­laden.

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